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Wo bin ich?

Lokalisierung von Handy-Daten in der Coronakrise

Die Lokalisierung von Mobilfunkdaten ist im Prinzip so alt wie der Aufbau des Funknetzes selbst. Nun sollen Daten von Handynutzern in der Corona-Bekämpfung eingesetzt werden. Doch die Standortbestimmung in Verbindung mit der Frage „Wo genau befindet sich der Nutzer?“ stellt auch heute noch eine Herausforderung dar. Genau diese Frage gilt es aber zu beantworten, um u.a. Infektionsketten vollständig nachverfolgen zu können oder Infektionsherde eindeutig zu identifzieren.

Methoden zur Lokalisierung von Handys

Vereinfacht stehen für die Lokalisierung von Handy-Daten drei Möglichkeiten zur Verfügung:

  1. Traditionell über die Funknetzzelle, in der sich der Nutzer befindet oder
  2. über das GPS des Smartphones, oder
  3. über einen Connect (Bluetooth, WLAN etc.), den das Smartphone mit einem anderen Gerät herstellt, dessen Standort wiederum bekannt ist.

Auch wenn nicht alle ein Smartphone besitzen, so ist die Nutzung der GPS-Daten über die Apps, die auf dem jeweiligen Smartphone installiert sind, die gängigste Methode zur (räumlichen) Lokalisierung von Nutzerdaten, so vor allem vorinstallierte Apps wie Google Maps, iPhone Maps etc.

Die Nutzung der Standortdaten über Funkzellen verbleibt meist bei den Netzanbietern, wobei es immer wieder Bestrebungen gab und auch noch gibt, diese Dritten zugänglich zu machen. Der Nachteil dieser Daten gegenüber den GPS-Daten ist u.a. die Ungenauigkeit durch das sog. Triangulationsverfahren.

Die dritte Variante wird z.B. zur Lokalisierung in einem Gebäude benutzt. Genau da, wo die GPS-Ortung aufhört. Ermöglicht wird dies durch eine Kombination aus Drittgeräten in den Gebäuden, z.B. Beacons oder Wi-Fis, zu denen das Handy Kontakt aufnimmt (bzw. umgekehrt).

Im Geomarketing werden Handy-Daten seit Jahren projektbezogen immer wieder ausgewertet, um zielgruppenbezogenen Traffic nach Ort und Uhrzeit auszuwerten. Voraussetzung ist immer das Einverständnis des Nutzers, dass Sie dies tun. Ist dies erfolgt, können die Massendaten ausgewertet werden.

Von der Koordinate zur Adresse: Reverse-Geocoding als zentraler Baustein für weiterführende Auswertungen von GPS-Daten

Da die Standortbestimmung nichts anderes ist als die Übermittlung von Lagekoordinaten (oder -zellen) gilt es, diese Daten für weitere Auswertungen mit dem „vor Ort“ übereinzubringen. Und das stellt sich alles andere als einfach dar, da immer von einer „gewissen“ Ungenauigkeit der Daten auszugehen ist. Man kann dies z.B. mit dem iPhone sehr einfach testen, indem man Siri die Frage stellt: „Wo bin ich?“ Es erfolgt ein sog. Reverse-Geocoding, d.h. die Lagekoordinate wird mit der dortigen Adresse verknüpft. Die Antworten von Siri lauten im nachfolgenden Beispiel einmal „Rheinallee 35“ (richtig, blauer Punkt) und bei dem Standort des geparkten Autos „Rheinallee 35b“ (falsch, richtig wäre „Rheinallee 40“). Das Auto selbst wiederum befindet sich nicht wie angezeigt auf der anderen Seite der Straße, sondern auf derselben Seite des Gebäudes (35). Somit weisen 2 von 3 Messungen eine  Fehllokalisierung von etwa min.-max. 15-50 Metern auf.

Iphone-Karte auf Handy, Standortbestimmung mit GPS und Bluetooth-Connect mit Auto

Erschwert wird das Reverse-Geocoding, da jedes Smartphone anbieter- wie versionsabhängig unterschiedliche Genauigkeiten aufweist.

Die Menthal-App als Case Study

infas 360 hat sich schon früh auf die Auswertung von Handy-Standortdaten spezialisiert. Neben dem Know-How des Reverse-Geocodings benötigt man präzise Daten, mit denen man die Standortdaten übereinbringt. Um dies zu veranschaulichen steht eine Case Study zur Verfügung, die zeigt wie die Daten der Menthal-App ausgewertet wurden. Die Menthal App dient einem nachhaltigen digitalen Lebensstil. Sie leistet Hilfe zu Selbsthilfe, indem sie dem Nutzer Auskunft über seinen Umgang mit dem Telefon erteilt. Gleichzeitig erhebt die Studie das Mobilfunkverhalten tausender Nutzer.

  • Ca. 300.000 Downloads, davon 75.000 „Heavy-Nutzer“, alle mit Einverständnis zur umfassenden „Überwachung“
  • Telefonate: [anonymisierte Telefonnr., Startzeit, Endzeit]
  • Eingehende und ausgehende SMS und Chat Messages: [anonymisierte Telefonnr., Anzahl Buchstaben, Sendezeitpunkt],
  • alle im Telefonbuch des Telefons gespeicherten Telefonnummern, und kommunizieren diese (wie oben anonymisiert)
  • Geografische Position: Ortung über GPS des Smartphones. Ist kein kein GPS-Signal zu empfangen (Abschattung, in vielen Gebäuden selbst), so versucht das Telefon anhand der verfügbaren Mobilfunk- und Wifi-Signale die aktuelle Position zu schätzen. Die Genauigkeit der Ortung liegt i. A. zwischen 10 und 100 Metern. Konkret wird alle zwanzig Minuten eine Ortung vorgenommen [Zeitpunkt, geografischer. Längengrad, geografischer Breitengrad, Genauigkeit].

Um den ungenauen Massendaten eine entsprechende Genauigkeit zu geben, muss man diese ex-ante „beobachten“, so dass sich mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf die richtige Adresse schließen lässt. Vergleiche dazu nachfolgende Abbildung, die zeigt wie verschiedene „ungenaue“ Messungen (rote Punkte) trotzdem zum „richtigen“ Gebäude (hier Hochhaus) führt.

Beispiel Koordinaten eines Probanden, Wohnadresse: Motorola Moto G, 1. Generation

Ergebnis der Case Study war, dass für ein qualitativ hochwertiges Reverse-Geocoding folgendes notwendig ist:

  1. Aktuelle, flächendeckende, lagepräzise Referenzdaten, wenn möglich in 3D.
  2. Rasteranalyse auf z.B. 100×100 Metern aggregierter Daten (räumlicher Anonymisierungsgrad u.a. auch mit entscheidend beim Datenschutzkonzept)
  3. Lernendes System (Machine Learning, ex-ante, um die Real-Time bzw. Ad hoc Standortbestimmung zu verbessern).

Learned Lessons für die Coronakrise: Wann war jemand wo und wie lange?

Ob nun Handydaten für die Nachverfolgung von Infektionsketten oder zur anonymiserten Lokalisierung von Infizierten dienen: Die Frage ist immer: Wo ist bzw. war jemand? So wünschen sich es jedenfalls die Gesundheitsämter. Denn wird eine Person positiv auf COVIS-19 getestet, muss die Infektionskette möglichst lückenlos für die letzten 14 Tage nachzuvollzogen werden können. Dabei ist es für den Menschen schon für einen Vortag nicht einfach zu beantworten: War ich im Supermarkt und wenn ja, in welchem und wie lange war ich da? Oder: War in dem Gebäude vor drei Tagen ebenfalls zur selben Zeit ein Infizierter?, fragt sich zusätzlich das Gesundheitsamt. Diese Fragen können nur verlässlich mit einer professionellen GPS-Lokalisierungs-App und einer intelligenten Reverse-Geocoding-Logik gelöst werden. PEPP-PT löst diese Herausforderung jedenfalls nicht.

Sollten Sie weiterführende Fragen z.B. zur Studie haben, kann man diese über die Geomarketing-Experten experten@geomarketing.de beziehen.

Herausgeber

Michael Herter

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